„Ich finde da nicht die Wärme, die ich mir vorstelle“

Ein Interview über Gottesdienstbesuch und Glauben

90 Prozent der Kirchenmitglieder gehen eher selten in den Gottesdienst. Darunter auch Mütter und Väter, deren Kinder sich auf die Erstkommunion vorbereiten. Doch kann man aus dem seltenen Kirchgang schließen, dass sie an Glaube und Kirche nicht interessiert sind? Sonja Maag*, Mutter von zwei Kindern im Alter von 17 und 13 Jahren, erzählt im Interview von ihren Erfahrungen mit Gottesdienst und Glaube.

Die Erstkommunionfeiern deiner beiden Kinder liegen schon einige Zeit zurück. Du hast mir damals erzählt, dass du beim Kommunionempfang spüren kannst, dass Gott Ja zu dir sagt, wenn du an den Altar trittst – obwohl du damals nicht oft in die Kirche gegangen bist. Ich finde, das ist eine wunderbare Erfahrung.

Sonja Maag: Ja, das stimmt.

Wie geht es dir heute mit Gottesdienst und Kommunionempfang?

Sonja Maag: Das ist alles sehr weit weg momentan, obwohl ich gläubig bin und nicht nur glaube, sondern weiß, dass es Gott gibt. Das ist meine Existenz, das macht mich aus. Ich schätze die Kirche sehr und meine damit die Menschen, die sich in ihr aus christlicher Überzeugung engagieren. Nur ich selbst finde da nicht die Wärme, die ich mir vorstelle. Ich bin überall Gott näher als in einem Gottesdienst.

Was hält dich vom Gottesdienst fern?

Sonja Maag: Die Art, wie ein Gottesdienst abläuft, spricht mich überhaupt nicht an. Die starren Abläufe, die festen Elemente. Die sagen mir gar nichts. Auf mich wirkt das unlebendig.

Was müsste anders sein?

Sonja Maag: Ich könnte mir vorstellen, dass es neben der Lesung und einer ansprechenden Predigt z.B. die Möglichkeit zu einem lebendigen Austausch gibt. Es ist nicht so, dass ich gar nicht in den Gottesdienst gehe. Und wenn ich gehe, nehme ich auch meistens etwas mit – einen guten Gedanken, einen Impuls. Am meisten fühle ich mich angesprochen, wenn es darum geht, dass Gott die Liebe ist. Das ist für mich die Hauptsache.

Dass Gott die Liebe ist, das wird für dich in einem normalen Gottesdienst nicht spürbar?

Sonja Maag: Nein.

Wie ist es heute für dich, wenn du zur Kommunion gehst?

Sonja Maag: Dann entscheide ich mich bewusst dafür, zur Kommunion zu gehen. Dann bin ich bereit, Gott in mich aufzunehmen. Ich empfinde das in dem Moment als Stärkung. Aber dieses Gefühl, dass mich die Kommunion nährt, ist wohl nicht stark genug. Sonst würde ich öfter gehen.

Was nährt dich denn?

Sonja Maag: Z.B. wenn ich mich in einer Meditation öffne für das Licht und für Gott. Ich kann das richtig spüren. Da wird es so richtig hell in mir und um mich herum. Das fühlt sich an wie Nahrung, wie Kraft. Oder mich nährt das Wissen, dass Gott niemanden verurteilt. Er nimmt jeden, auch die sogenannten Versager in die Arme. Ich weiß für mich, dass es so ist, dass es ein liebender Gott ist und dass jeder nach Hause kann zu ihm, egal, was er auf der Erde verzapft.

Vermisst du manchmal eine Gemeinschaft von Glaubenden?

Sonja Maag: Ja. Aber ich könnte mich auch nicht an unsere Pfarrgemeinde binden. Da würde ich auf manche Leute treffen, die sich ernsthaft Gedanken machen, wo bei einer Beerdigung die Urne zu stehen hat. Das sind doch Kinkerlitzchen. Da denke ich viel zu frei. Den Kontakt meide ich dann einfach.

Interview: Elfriede Klauer, In: Pfarrbriefservice.de

* Name von der Redaktion geändert

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Text: Elfriede Klauer
In: Pfarrbriefservice.de