Lebensgenussflashmob
Die Diagnose Leukämie kam mitten ins Leben hinein. Plötzlich fand ich mich in einem Isolationszimmer wieder. Ich wurde medizinisch gut betreut, fühlte mich von Anfang an in guten Händen. Meine Umgebung jedoch traf diese Krankheit wie eine Schockwelle. Freunde und Bekannte riefen an und schrieben besorgte Kurznachrichten. Ganz oft mit der Frage: „Kann ich Dir etwas Gutes tun?“.
Schnell kam dann meine Antwort: „Ja, gerne! Bitte genieße in der nächsten Zeit etwas ganz besonders, am besten doppelt, und denke an mich. Und dann schreibe mir von deiner Freude darüber und lass mich an deinem Leben teilhaben.“
Nach dieser Ansage ploppten täglich wunderbare Nachrichten auf meinem Handy auf. Da kam ein Foto von einem Glas Rotwein im Kerzenschein, vom Sonnenaufgang im Nebel, Bilder mit ersten Schneeflöckchen, der schöne Kalenderspruch, der volle Teller mit Hähnchen, Pommes und einem Glas Bier direkt aus dem Gasthaus … Eine Freundin kaufte sich einen Blumenstrauß und schickte ihn mir mit den Worten: „Ich glaube, wenn ich ihn nicht für mich gekauft hätte, hätte ihn niemand bewundert, so wie ich es seit Tagen mache.“
Es gab auch einige Verunsicherungen und die Rückfragen: „Kannst du diesen Lebensgenuss jetzt aushalten – krank, wie du bist?“ Ich selbst aber wurde immer vorfreudiger auf das Leben nach dem Krankenhausaufenthalt. Ich hatte das Gefühl, von Lebensfreude pur getragen und gestärkt zu sein.
Und: Ich konnte bei jedem weiteren Telefonat direkt an das Leben anknüpfen: „Was macht dein Blumenstrauß?“ „Wie ist der Abend im Gasthaus weitergegangen?“
Immer wieder kommen auch heute Grüße aus dem Leben bei mir an, so ganz nach dem Motto: Ich denke an dich und genieße etwas „für uns“. Aber das wirklich Beeindruckende war, dass viele meiner Freunde diesmal anders mit einer lebensbedrohlichen Krankheit umgehen konnten. Es war für sie nicht mehr das „schwere Paket“, das sie plötzlich tragen mussten, sondern es war eine Herausforderung: den Moment zu genießen, zu teilen und das Leben so anzunehmen, wie es ist.
Dagmar Schnös, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Dagmar SchnösIn: Pfarrbriefservice.de