„Leg deinen Schmuck ab“ (Ex 33,5)
Wie Gottes Weisung hilft, anderen aufrichtig zu begegnen
„Du bist ein störrisches Volk. Darum leg deinen Schmuck ab! Dann will ich sehen, was ich mit dir tun kann“ (Ex 33,5). Das sind eindeutige Worte, die Gott durch Mose seinem Volk Israel ausrichten lässt: „Leg deinen Schmuck ab!“
Diese Aufforderung bringt mich ans Nachdenken. Ich frage mich: Um welchen Schmuck geht es denn? Womit denn schmücken sich Menschen?
Mit Ringen, Ketten und Broschen natürlich, mit Spangen, Perlen und schöner Kleidung…
Es gibt auch anderen Schmuck: Autos, Häuser, Ausgehen in exquisite Speiselokale.
Manche schmücken sich mit ihren guten Beziehungen zu bedeutenden Persönlichkeiten.
Wieder andere schmücken sich mit Menschen: der Mann mit der Frau, die Frau mit ihrem Mann, Eltern mit ihren Kindern, Vorgesetzte mit der Zahl ihrer Untergebenen.
Ich kann mich auch mit meinen Ämtern schmücken, mit meiner Position, meinen Titeln, meiner Bildung, meiner Stellung. Ich kann mich mit meiner Frömmigkeit schmücken, mit meiner „Rechtgläubigkeit“ oder meiner Liberalität. Es gibt sogar Menschen, die schmücken sich mit ihrem Leiden: „Seht mal, was ich alles durchmache...“
Warum tun Menschen das und schmücken sich?
Die einen schmücken sich aus Freude am Schönen, um ihre natürliche Schönheit zu unterstreichen; andere um von ihrer – oft vermeintlichen – Hässlichkeit abzulenken; wieder andere, um auf sich aufmerksam zu machen: „ICH BIN WER!“; manchmal auch, um mehr zu scheinen, als sie sind.
Eine Barriere zwischen Mensch und Gott
„Leg deinen Schmuck ab!“ – Das ist eine unmissverständliche Herausforderung Gottes.
Sie will bedacht sein, denn wie schnell verselbständigt sich der Schmuck und schiebt sich zwischen mich und meine Mitmenschen – oder gar zwischen mich und Gott. Das passiert immer dann, wenn ich den Schein mit dem Sein verwechsle, wenn ich mich mit meinem Schmuck für mehr, für größer, für besser halte als die anderen.
„Leg deinen Schmuck ab!“ Diese Einladung gilt nicht zuletzt für die Kirche – die sich im Laufe ihrer Geschichte bis heute durchaus als Spezialistin im Schmücken profiliert hat. Wie soll sie denn zu den Mühseligen und Beladenen kommen, zu den Nackten und Obdachlosen? Das geht doch nur ohne Schmuck. Mit Schmuck behandle ich Menschen von oben herab, halte mich für groß und die anderen für klein. Das demütigt den anderen.
„Leg deinen Schmuck ab!“ Gott will kein Volk, das um goldene Kälber tanzt, das sich selbst zum Herrgott macht, das Statussymbole als Mauern zwischen sich und andere baut.
Jesus – Bruder der Schmucklosen
Einer, der seinen Schmuck abgelegt hat, war Jesus. „Er hielt nicht daran fest, wie Gott zu sein“, lese ich im Philipperbrief über ihn (Phil 2,6). Er ist „herabgestiegen“, beschreibt das Glaubensbekenntnis seinen Weg. Wer ihn im Palast bei Herodes sucht, der sucht vergebens. Er ist im schmucklosen Stall zu finden: er hat seinen Schmuck abgelegt. Nur so konnte er Freund und Bruder der Schmucklosen sein – bis in die Schmucklosigkeit des Grabes.
Mit Ostern beginnt eine zweite Bewegung im Leben Jesu, gekennzeichnet durch Worte wie: „aufgefahren“, „erhöht“. Diese „Erhöhung“ stellt eine Dauerversuchung für die Kirche und ihre Amtsträger dar. Wie konnte es dazu kommen, dass man Menschen, die den heruntergekommenen Jesus zum Vorbild haben, „Hochwürden“ nannte? Es ist eben faszinierender, an der Erhöhung Jesu teilzuhaben als an seinem Weg nach ganz unten. Es ist eben faszinierender, sich mit dem erhöhten Christus zu schmücken, als dem Jesus zu folgen, der seinen Schmuck abgelegt hat.
Es tut mir gut und erst recht denen, die mit mir zu tun haben, wenn ich nicht der Faszination des Schmucks erliege und meine, ich sei etwas Besseres. „Was der Mensch vor Gott ist, das ist er“, sagt der heilige Franziskus, „nicht mehr und nicht weniger!“
Es tut der Kirche gut, wenn sie ihren Schmuck ablegt, wenn sie den Stall dem Palast vorzieht. Nur so erreicht sie die Menschen.
„Von da an trugen die Israeliten keinen Schmuck mehr.“ So schließt diese Episode im Buch Exodus. Sie haben es begriffen. Und ich wünschte mir, dass auch wir es heute begreifen.
Heribert Arens ofm, Vierzehnheiligen
Quelle: Katholische Hörfunkarbeit für Deutschlandradio und Deutsche Welle, Bonn, www.katholische-hörfunkarbeit.de. In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Heribert Arens ofmIn: Pfarrbriefservice.de