Leidenschaft für Gott und die Menschen

Der Glaube an Gott muss sich praktisch bewähren im Einsatz für die Mitmenschen

[…] An Gott zu glauben, reicht allein nicht aus! Wenn Jesus Christus in den Evangelien von der Gottes- und Nächstenliebe spricht als dem einen Weg, der zu Glück und Erfüllung führen kann, dann hat der Sohn Gottes nicht gemeint, dass das eine – Gott zu lieben von ganzem Herzen – ausreiche und es bloß wünschenswert wäre, darüber hinaus auch dem Nächsten Respekt und Wertschätzung entgegen zu bringen. Auf die Frage eines Schriftgelehrten hin, welches das erste aller Gebote sei, antwortet Jesus:

„[…] Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und mit all deiner Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“ (Mk 12,29ff.)

Das bedeutet: Gott zu lieben und den Nächsten zu lieben, sind wie die beiden Brennpunkte einer Ellipse. Keines von beiden kann zum Nachteil des anderen vernachlässigt oder beiseite geschoben werden. Gott zu lieben gelingt im Letzten nur wirklich durch die Liebe zu meinen Mitmenschen, wie auch die Liebe zu meinem Nächsten nur Sinn und Erfüllung findet, wenn sie ein Fundament in der Liebe zu Gott hat. Eine noch so große Leidenschaft für Gott ist nicht ausreichend und im Letzten sogar ungenügend, wenn die Leidenschaft für die Menschen fehlt. Beides gehört unmittelbar zusammen.

Als der im 17. Jahrhundert geborene französische Mathematiker und katholische Philosoph Blaise Pascal, der diverse kritische Auseinandersetzungen mit verschiedenen kirchlichen Amtsträgern ausfechten musste, schwer erkrankte und im Alter von nur 39 Jahren ans Sterben kam, verlangte er zu beichten und die heilige Kommunion zu empfangen, was ihm aber verweigert wurde. Und dann wird über Pascal berichtet, er habe – nachdem er die Weigerung gehört habe – darum gebeten, „wenn man ihn nicht im Haupt der Kirche kommunizieren lasse, so möge man ihn in ihren Gliedern kommunizieren lassen, das heißt, man möge ihn zu den Ärmsten und Elendsten bringen lassen, damit er dort sterbe.“

Dies muss die Menschen damals so beeindruckt haben, dass ein Priester – vermutlich ziemlich verschämt – dann doch kam und dem sterbenden Pascal die Sterbesakramente und vor allem die Heilige Kommunion brachte, so dass dieser als seine letzten Worte sagen konnte: „Dass Gott mich niemals verlassen möge.“

Dies ist für mich ein starkes Zeugnis von einem festen Glauben und einer begeisternden Zuversicht, dass ich eine Leidenschaft für Gott niemals exklusiv und nur für mich erreichen kann, sondern dass diese sich wahrhaft und aufrichtig nur erreichen lässt durch eine ebenso starke wie authentische Leidenschaft für die Menschen.

Torsten Kürbig
Morgenandacht am 04.08.2011, Deutschlandfunk

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Text: Torsten Kürbig
In: Pfarrbriefservice.de