Menschwerdung – wie soll das gehen?

Jesu Vorbild lehrt, das eigene Herz zu öffnen

„Mach's wie Gott, werde Mensch!“, lese ich auf einer Weihnachtskarte und denke: Ein Mensch bin ich doch schon – wie sollte ich erst einer werden?

Gott schafft den Menschen aus dem Staub der Erde, erzählt die Bibel in ihrer reichen Bildersprache. Ist das nun etwas Vergangenes, oder geschieht diese Menschwerdung jetzt, jeden Tag? Ich glaube: Auch heute, auch im neuen Jahr, soll aus dem Staub der Erde ein beseelter Mensch werden, ein Adam oder eine Eva, gebildet nach dem Herzen des Schöpfers, seiner Idee entsprechend, die sich verwirklicht hat, als Gott Mensch wurde. „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ (Mt 3,17), wird der ewige Gott später über Jesus von Nazaret sagen.

Neue Menschen?

Jesus Christus zum Vorbild meiner eigenen Menschwerdung nehmen, ihn nachleben, darauf kommt es an. Denn das "werde Mensch" allein wäre zu wenig. Menschen sind auch Terroristen, die Andersdenkenden und Anderslebenden die Köpfe abschlagen. Menschen waren auch die Massenmörder des 20. Jahrhunderts, mehr noch: Sie wollten den neuen Menschen schaffen. Aber weder der „Herrenmensch“ der Nazis noch die „allseits entwickelte sozialistische Persönlichkeit“ der Kommunisten waren neue Menschen. Die Welt ist nicht lebensfreundlicher geworden, seit der auf- und abgeklärte Mensch die Angebote Gottes ausschlägt und seine Sache selbst in die Hand nimmt. Die Religionen schätzen das ganz realistisch ein: Sie rechnen mit menschlicher Schuld, die Unfrieden stiftet, Leid bringt und Zukunft blockiert.

Jesus – Mensch und Gott

Johannes bringt im Prolog seines Evangeliums die Absicht Gottes auf den Punkt: Gottes Sohn, Jesus von Nazaret, wurde einer von uns. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. „Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht“ (Joh 1,18), bezeugt der Evangelist. Jesus Christus ist nicht nur einer unter vielen eindrucksvollen Persönlichkeiten der Religionsgeschichte. Er ist mehr als ein herausragender Prophet, als der er beispielsweise im Islam verehrt wird. Jesus Christus erhebt den Anspruch, als Sohn Gottes den Vater in menschlichen Worten zur Sprache zu bringen und in menschlichen Gebärden uns nahe zu sein. Spricht Jesus Christus, hören wir Gott in seinem menschlichen Echo. Legt er dem Kranken die Hände auf, berührt Gott sein Geschöpf. Erfüllt er den Willen des Vaters, schlägt er eine Schneise durch das Dickicht, damit der Mensch zu Gott finden kann. Und weil dieser Weg immer weiter nach unten führt, bis in die dunkelsten Winkel, geht der Gottessohn ihn selbst, bevor er andere in seine Nachfolge ruft. Seit Gott ein Mensch wurde, gilt die Aufforderung: „Mach's wie Gott, werde Mensch.“

Das Glück finden

Die Erfahrung solcher Menschwerdung lehrt: Öffne ich mein Herz für den Menschen neben mir, erschließt sich zugleich eine Quelle für mein eigenes Glück, denn Geben ist tatsächlich seliger als Nehmen. Keiner hat ein besseres Leben, wenn er die anderen flieht, sich versteckt, sich weigert, Anteil zu nehmen und sich in seine Bequemlichkeit einschließt. Doch jedes Mal, wenn ich einem Menschen mit Liebe begegne, kann ich etwas Neues von Gott entdecken. 

Juliane Bittner, Journalistin, Berlin, In: Pfarrbriefservice.de

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Das Schwerpunktthema für Dez. 2018/ Jan. 2019

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Text: Juliane Bittner
In: Pfarrbriefservice.de