Schuld war eigentlich Napoleon
Warum Kirchenmitglieder Kirchensteuer zahlen - und wofür
Zahlreiche Anfragen landen pro Woche im E-Mail-Eingang der katholisch.de-Redaktion. Mindestens eine davon trägt den Betreff Kirchensteuer. „Warum muss ich Kirchensteuer zahlen?“ - „Wo geht das Geld hin?“ - „Ist die Kirche nicht reich genug?“ sind nur einige Fragen, die katholischen Steuerzahlern auf den Nägeln brennen.
Warum Kirchensteuer?
Anders als in den meisten anderen Ländern darf die Kirche in Deutschland Steuern erheben. Schuld daran ist ein bekannter Franzose: Napoléon Bonaparte. Nach dem Koalitionskrieg gegen Preußen Ende des 18. Jahrhunderts mussten die weltlichen deutschen Fürsten ihre linksrheinischen Gebiete an Frankreich abtreten. Im Gegenzug erhielten sie Güter und Ländereien der Kirche, die bis 1803 vollständig enteignet wurde.
Kirchensteuer gegen den Willen der Kirche
Die Länder übernahmen im Gegenzug die Finanzierung der kirchlichen Aufgaben. In den folgenden Jahren stiegen die Bevölkerungszahlen und damit auch die Zahlen der Kirchenmitglieder rasant und die Ausgaben explodierten. Schon bald wurde dem Staat die Unterstützung zu teuer. Gegen den Willen der Kirche führte er die Kirchensteuer ein und legte damit die Finanzierung in die Hände der Kirchenmitglieder.
Haupteinnahmequelle
Dort liegt sie auch heute noch, denn wer als Mitglied der Kirche Lohn- oder Einkommenssteuer abführt, der zahlt neun Prozent Kirchensteuer (acht Prozent in Bayern und Baden-Württemberg). Die Kirchensteuer ist die Haupteinnahmequelle der Kirche und deckt rund 80 Prozent aller Kosten ab. Anders als in Großbritannien, wo die Kirche nie enteignet wurde und gut aus den Erträgen ihres Vermögens leben kann, verfügt die Kirche in Deutschland vor allem über unveräußerliche Werte - denkmalgeschützte Gebäude oder bebaute Länderein.
Gebundenes Vermögen
"Natürlich gibt es eine Vielzahl von Kirchengebäuden, aber auch sonstige kirchliche Gebäude, zum Beispiel Pfarrhäuser und Pfarrheime", erklärt Joachim Schnieders, Finanzdirektor im Bistum Osnabrück dazu. Dabei handele es sich aber um „gebundenes Vermögen“, das in der Regel nicht anders genutzt werden könne und deshalb über einen allenfalls geringen „Marktwert“ verfüge. Im Gegenteil verschlingt die Erhaltung alter Gotteshäuser mehr, als durch Mieten und Pachten erwirtschaftet werden kann. So kostet die Instandhaltung des Kölner Dom nach Angaben des Domkapitels etwa 30.000 Euro am Tag.
Vielfältiger Einsatz der Kirchensteuer
Anders als vielleicht viele vermuten, bleibt die Verwendung der Kirchensteuer nicht im Dunkeln. Alle Bistümer müssen ihren Haushalt offen legen. Kirchensteuerräte bestimmen, wofür das Geld eingesetzt wird. Auf den Internetportalen der meisten Bistümer lassen sich die Details herunterladen.
Die Ausgabenfelder sind so vielfältig wie die Aufgaben der Kirche selbst. Ein Blick auf den Haushalt der Diözese Trier offenbart zum Beispiel, dass das meiste Geld in den Bereich Pastoral und Gesellschaft fließt. Dazu zählt etwa die Gemeindeseelsorge, aber auch Schulen und Hochschulen, Erziehung und Beratung. „Wir geben Zuschüsse in Höhe von drei Millionen Euro für Baumaßnahmen im Kindergartenbereich, was auch mit den neuen Anforderungen zusammenhängt, Plätze für Kinder unter zwei Jahren zur Verfügung zu stellen“, konkretisiert Kirsten Straus, Finanzdirektorin des Bistums Trier.
Ein wichtiger Aufgabenbereich der Kirche sind auch die Sozialen Dienste. Im Erzbistum Freiburg entfallen rund 33 Millionen Euro auf Altenhilfe, Lebensberatung und Familienarbeit.
Die Kirche als Arbeitgeber
Die Kirchen sind nach dem Staat der größte Arbeitgeber Deutschlands. Auf der Ausgabenseite fallen in den Bistümern daher vor allem Personalkosten ins Gewicht. Im Bistum Speyer nehmen sie mehr als die Hälfte des gesamten Haushalts ein. Finanziert werden über die Kirchensteuer Gehälter von Seelsorgern ebenso wie von Gemeindereferenten, Personal an katholischen Schulen oder Schuldnerberatern beim Caritasverband.
Rund 11,5 Millionen Euro gehen im Bistum Speyer an die Gemeinden. „Sie dienen der Bezahlung von Pfarrsekretärinnen, Sakristanen und Hausmeistern, aber auch zur Bestreitung der gebäudebezogenen Betriebskosten in den Pfarreien“, heißt es im Haushaltsbericht 2009 der Diözese.
500.000 Euro für „Energieoffensive“
Klimaschutz ist in den vergangenen Jahren auch für die Bistümer ein wichtiges Thema geworden. Der Posten, wenn auch noch recht klein, ist aus dem Haushalt nicht mehr wegzudenken. So investiert das Bistum Osnabrück 500.000 Euro in die so genannte „Energieoffensive“. Ein Projekt, das Kirchengemeinden in der Diözese dabei unterstützt, notwendige Sanierungsmaßnahmen durchzuführen und den Energieverbrauch zu senken.
Überdiözesane Aufgaben
Alle Bistümer geben einen Teil ihrer Kirchensteuereinnahmen an den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD), der das Geld für Aufgaben verwendet, die über das einzelne Bistum hinausgehen. Ein großer Teil des Geldes fließt über katholische Hilfswerke wie Misereor oder Adveniat in die Entwicklungshilfe. Aber auch bundesweite Kirchenevents wie der Katholikentag oder Kultur- und Medienpreise werden so finanziert. Die Kirche wirkt mit ihrem Engagement also weit in die Gesellschaft hinein.
Janina Mogendorf
Quelle: www.katholisch.de
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Text: Janina MogendorfIn: Pfarrbriefservice.de