So gelingt der Ausstieg aus der Selbstoptimierungsspirale

Tipps von Psychologe und Hochschullehrer Dr. Christoph Augner

Den Job optimieren. Die Erziehung optimieren. Die Partnerschaft optimieren. Den Alltag, das gesamte Leben. Bereits 2020 war es, als Dr. Christoph Augner sein Buch „Selbstoptimierung ist auch keine Lösung“ geschrieben hatte. Seither scheint sich die Selbstoptimierung exponenziert zu haben. Doch wie gelingt ein gutes Leben ohne Selbstoptimierung? Inspirationen, Ideen und Impulse von Dr. Christoph Augner.

1. Die Manhatten-Übung machen
„Machen Sie sich die Prioritäten, die Werte bewusst, die in Ihrem Leben im Vordergrund stehen sollen. Es gibt aus der Psychologie Übungen dazu, zum Beispiel die ´Manhatten-Übung´. Dabei fragen Sie sich, welche Lebensbereiche besonders wesentlich für Sie sind. Je nachdem wird dieses Hochhaus höher oder weniger hoch. Sehr oft reflektieren Klienten in so einer Situation das erste Mal und merken, dass die Dinge, die sie im Alltag tun überhaupt nicht damit zusammenpassen. Das wäre aber wichtig.“

2. Vom Ende des Lebens her denken
„Nehmen Sie die Perspektive ein, was Sie am Ende des Lebens sagen werden. Die wenigsten sagen, sie hätten gerne mehr gearbeitet, mehr verdient, mehr Dinge gekauft oder wären noch fitter gewesen. Sondern da geht es meist um ganz andere Dinge.“

3. Sich vom Christentum helfen lassen
„Arbeiten Sie an Ihren eigenen Zielen und Werten. Wenn Sie Berührungspunkte mit der christlichen Perspektive haben, müssen Sie nicht bei null beginnen. Sie haben etwas, woran Sie sich festhalten können. Das Christentum bietet Rahmenbedingungen, im Gegensatz zu einem komplett atheistischen Kontext. Die Gemeinschaft ist im Christentum ein Teil seiner Wertvorstellung. Das ist ein Momentum, das gegenläufig zum Selbstoptimierungstrend ist.“  

4. Sich in der Balance der Philosophen üben
„Die antiken Philosophen haben postuliert, dass die Menschen wieder mehr in die Balance kommen sollen. Das ist zwar ein Begriff, den wir heute im Wellnessbereich verwenden, aber es geht darum, dass Sie nicht von einem Extrem ins andere kippen. Dass Sie ein bisschen ein Gefühl entwickeln, was ist genug und was Ihnen selber, der Gruppe und den Menschen in Ihrer Umgebung, gut tut?“

5. Rein in die Komfortzone
„Rein in die Komfortzone, nicht raus. Es ist eine falsche Annahme, dass das Leben nur aus Veränderung besteht. Es besteht auch aus Stabilität. Das Bedürfnis danach existiert bei allen Menschen. In vielen Bereichen können wir ohne Stabilität nicht sinnvoll leben. Es bedeutet nicht, dass alles immer so bleiben muss, wie es ist, aber dass wir uns Rückzugsmöglichkeiten im Leben lassen – mental, aber auch physisch. Es ist wichtig, hier eine Balance zu schaffen und zu versuchen, für sich selbst im Leben Rahmenbedingungen für stabile Momente zu schaffen. Das kann die Partnerschaft sein. Das kann mein Wohnort sein. Das können ehrenamtliche Tätigkeiten sein. Dinge, die bleiben. Das können Orte sein oder ein bestimmter Ort, an dem ich einen Sonnenuntergang sehe oder ein Ort bei mir zu Hause. Das kann ein sicherer Ort in einer Fantasiereise sein, den ich mir vorstelle, wenn ich mich beruhigen will. Es geht immer darum, ein vertrautes Gefühl zu haben. Ohne ist es schwierig."

6. Einen eigenen Weg finden
„Ich möchte Menschen, die sich dafür interessieren, an die Hand nehmen, ohne sie zu bevormunden und zu sagen ´So geht´s, ich habe ein Programm, das hilft´. In vielen Ratgebern steht geschrieben: ´Treten Sie zum Buddhismus über´ oder ´Verbringen Sie ein Jahr in Tibet im Kloster´. Das ist sicher auch gut, aber die meisten möchten in der Welt hier leben. Mit den Menschen, die ihnen wichtig sind und in dieser Gesellschaft mit all ihren Schwierigkeiten. Die Lösung ist nicht auszusteigen. Es geht darum hier einen eigenen Weg zu finden, um damit umzugehen. Da gibt es kein Patentrezept. Jeder soll seinen eigenen Weg finden. Das muss jeder selber tun.“

Ronja Goj, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Ronja Goj
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