"Solidarischer arbeiten - freier leben"

Die Richtigkeit des Mottos der KAB-Aktionen für die Jahre 2000-2004 wurde durch verschiedene Ereignisse als Herausforderung für ein anderes Arbeiten, Wirtschaften und Leben bestätigt.

Die Diskussion um die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten und die verkaufsoffenen Sonntage zeigt das Fortschreiten der Ökonomisierung unserer ganzen Zeit und unseres ganzen Lebens an. Am Fest Allerheiligen wollten sogar die Börsen öffnen, um ihre Geldgeschäfte machen zu können. Möglichst alle Zeit soll dem Geschäfte-machen-können zur Verfügung stehen. Das alles, so wird immer wieder behauptet, soll den Verbrauchern, den Menschen, dienen.

Umfragen ergeben ein anderes Bild: mehrheitlich wird die gängige Praxis als ausreichend angesehen. Viele kleinere und mittlere Geschäfte sehen sich von den „Großen“ unter Druck gesetzt und wissen nicht, wie sie diesem Konkurrenzdruck standhalten können. Dazu befürchten Verkäufer und Verkäuferinnen, noch mehr ihrer gemeinschaftlichen Lebenszeit der Erwerbsarbeit opfern zu müssen.

Ein anderes Beispiel: Wenn die Wirtschaft im Aufwärtstrend ist, sagen die Prognosen ebenfalls, dass das für die Arbeitsplätze nicht viel bedeuten wird. Das heißt doch: die Gewinne werden weiter steigen, aber nicht in neue Arbeit investiert, wie wir es schon seit Jahren kennen. Die Schere zwischen ArbeitsplatzbesitzerInnen und Arbeitslosen, zwischen Armen und Reichen wird weiter auseinandergehen.

Eine dritte Erfahrung: Es gibt verschiedene Untersuchungen, die aufzeigten, dass immer mehr Menschen durch die Strukturen der Erwerbsarbeit ihre Gesundheit gefährden, körperlich und psychisch krank werden und auf Dauer nicht mithalten können. „Wir arbeiten uns zu Tode“ heißt eine Überschrift.

Drei von einer langen Reihe Erfahrungen, die aufzeigen, dass das Anliegen der KAB "Solidarischer arbeiten - freier leben" in die richtige Richtung weist. Wir finden dieses Anliegen in der Begründung unseres Kampfes gegen die Sonntagsarbeit wieder, wenn wir im Rückgriff auf das alttestamentliche Sabbatgebot darauf hinweisen, dass der Mensch nicht lebt um zu arbeiten, dass vielmehr die Arbeit sein „Leben in Fülle“ ermöglichen soll. Jeder Mensch hat ein Menschenrecht auf Arbeit, um sich das zum Leben Nötige erarbeiten zu können. Aber nie darf die Arbeit den Menschen versklaven, ihn seiner Freiheit berauben. In der Ruhe und Muße, am Sabbat, am Sonntag kommt die Arbeit erst zur Vollendung. Vom Sonntag her bekommt sie ihren Sinn und nicht umgekehrt.

„Solidarischer arbeiten“ bedeutet: als gesellschaftlich anzuerkennende Arbeit die Erwerbsarbeit, die Privatarbeit und die gemeinwesenbezogene Arbeit zu verstehen.

„Solidarischer arbeiten“ bedeutet: eine gerechte Verteilung der vorhandenen Arbeit und Erwerbsarbeit zwischen allen Männern und Frauen. Das schließt Arbeitszeitverkürzung ein.

„Solidarischer arbeiten“ bedeutet: die Verantwortung für die Zukunftschancen der Jugend anzunehmen und ihnen einen Start in die Erwerbsarbeitswelt zu ermöglichen.

„Solidarischer arbeiten“ bedeutet: die erwirtschafteten Profite wieder in gesellschaftlich notwendige und sinnvolle Arbeit zu investieren.

„Freier leben“ bedeutet: persönliche und gesellschaftliche Anerkennung nicht vorrangig über das „mehr Haben“ zu erklären und nicht den Mammon zum Gott zu machen, dem alles und alle zu dienen haben.

„Freier leben“ bedeutet: die praktische Wertschätzung eines jeden Menschen unabhängig von seiner Leistung.

„Freier leben“ bedeutet: das „Sklavenhaus in Ägypten“ verlassen zu haben, um selbstbestimmt und selbstverantwortlich das Leben gestalten zu können.

„Freier leben“ bedeutet: das Teilen und Verteilen der vorhandenen Güter, damit alle leben können und dabei die Erfahrung machen, dass weniger ein Mehr an Lebensqualität sein kann.

Ohne diese Befreiung von einer materialistisch geprägten Lebenspraxis und vom Immer-mehr-haben-wollen sind solidarischeres Arbeiten und eine solidarische Gesellschaft nicht zu verwirklichen.

Karlheinz Laurier
Pfarrer Karlheinz Laurier ist Mitglied der Kommission Kirche und Arbeiterschaft im Bistum Aachen

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Das Schwerpunktthema für Mai 2010

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Text: Karlheinz Laurier
In: Pfarrbriefservice.de