Vom Kuhhandel mit Gott
Genau so falsch scheint es mir zu sein, wenn wir Gott mit einem Krämer verwechseln. Das ist immer dann der Fall, wenn wir meinen, ihm gleichsam als Bezahlung etwas versprechen zu müssen. Sie kennen sicher diese Art des Betens, bei der man sagt: "Heiliger Antonius, wenn du mir hilfst, dass ich meinen Schlüssel wieder finde, dann bekommst du einen schönen Betrag dafür in deinen Opferstock." Das ist kein Beten, das ist Handeln!
Das heißt natürlich absolut nicht, dass wir uns, wenn wir das Gefühl haben, von Gott erhört worden zu sein, nicht dankbar zeigen dürften oder diesen Dank nicht mit einem entsprechenden Werk zum Ausdruck bringen könnten. Aber ein Beten, wie ich es eben skizziert habe, "riecht" doch weniger nach Dank als nach einer regelrechten Bezahlung. Wenn wir aber anfangen wollten, mit Gott zu handeln, dann wird er bestenfalls darüber lächeln.
Fehlformen der Volksfrömmigkeit
Vielleicht muss Gott sehr oft lächeln. Denn manches, was sich in unserer Volksfrömmigkeit an Formen entwickelt hat, erinnert eher an ein magisches Weltverständnis als an reifen, christlichen Glauben.
Ich möchte dem heiligen Antonius nicht zu nahe treten - und auch den vierzehn Nothelfern nicht. Sie können schließlich kaum etwas dafür, dass man mit ihnen verfährt, als wären sie irgendwelche germanischen Gottheiten, denen man ein Opfer darbringt und die dann dementsprechend zu handeln haben.
Unsere so genannte Volksfrömmigkeit hat eine Fülle von heidnischen Elementen bewahrt, die es durchaus als solche zu entlarven gilt.
Wenn aus christlichen Symbolen Magie wird
Nicht immer geht es beispielsweise bei der Verwendung von Weihwasser darum, dass wir uns daran erinnern, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft zu sein; dass wir daran glauben, von diesem Gott, an den wir uns gebunden haben, auf den Wegen unseres Lebens geleitet zu werden.
Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Weihwasser eher wie bei einem Zauber verwendet wird. Da spuken dann Reste von Ängsten vor Geistern und Dämonen und einer falschen Teufelsangst in den Köpfen guter Christen herum, die anscheinend auch nach zweitausend Jahren Christentum immer noch nicht auszumerzen waren.
Kirche muss bei ihren Praktiken daher gut aufpassen, dass sie solche Fehlformen von Glauben - einem Glauben, der Menschen nicht befreit, sondern in Zwängen und Ängsten gefangen hält - nicht auch noch nährt. Manche fromme Übung aber steht in der Gefahr, solche zwanghaften Vorstellungen zu unterstützen.
Pfarrer Dr. Jörg Sieger
Dieser Text stammt von Pfarrer Siegers Internetseite http://www.joerg-sieger.de/glaube.htm. Dort sind weitere Texte zum Thema „Beten“ zu finden, die in Pfarrbriefen abgedruckt werden dürfen. Der dort angebotene Glaubenskurs ist in Buchform beim Tyrolia-Verlag erschienen unter dem Titel „Wie können wir heute glauben“.
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Text: Pfarrer Dr. Jörg SiegerIn: Pfarrbriefservice.de