Vom Sehen und Hören
Warum beides wichtig ist, um zu handeln
Mit dem Sehen ist das so eine Sache. Manchmal sind wir einfach blind für die wichtigen Dinge im Leben. Sei es, dass wir viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind und den Blick für das Wesentliche verloren haben oder weil wir vieles nicht mehr sehen wollen, weil es an die Grenzen der eigenen Belastung geht. Sätze wie
„Ich kann diese Bilder nicht mehr sehen!“
„Ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht.“
„Mir fehlt der Durchblick.“
kommen uns dann schnell über die Lippen.
Das Wesentliche
Was aber ist das Wesentliche?
Die Menschen in meiner Familie, die ich liebe.
Der Mensch neben mir, der auf meine Hilfe zählt.
Der Mensch, der in meinem Haus wohnt, der niemanden mehr hat und einsam ist.
Der Mensch, der mir täglich in der S-Bahn begegnet, mit dem ich ein Stück des Weges gemeinsam fahre und der mir trotzdem absolut fremd ist.
Der Mensch im Supermarkt, der sich nur etwas zu essen kaufen kann, wenn er genügend Flaschenpfand gesammelt hat.
Der Mensch in meiner Firma, der immer wieder gemobbt wird und sich nicht wehren kann.
Der Mensch mit einer anderen Hautfarbe, der gemieden wird, als sei er an Lepra erkrankt.
Der Mensch, der in Zeiten der Pandemie schief angesehen wird, weil er mal husten oder niesen muss.
Sehen wir all das? Wollen wir das sehen? Und wenn ja, was tun wir?
Mit dem Herzen sehen
Wer blind ist, hat eine Entschuldigung. Möglicherweise hört er mehr und nutzt diese Fähigkeit. Wer nicht blind ist und doch nicht sieht, sollte seine Wirklichkeit vielleicht überdenken und einfach mal wieder auf sein Herz hören, „Der kleine Prinz“ macht es uns vor:
„Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“.
Antoine de Saint-Exupéry
Unser Leben wird scheinbar immer komplizierter, im Großen wie auch im Kleinen. Mit dem, was wir sehen und hören, erschaffen wir uns unsere ureigene Wirklichkeit.
So wie wir manches nicht mehr sehen wollen oder können, so wollen wir auch nicht mehr alles hören. Mir ergeht es oft so mit der großen Politik, die immer mehr von den Macht- und Ränkespielen der ‚Großen’ beherrscht wird.
Terroranschläge, längst auch bei uns angekommen, jahrelange Kriege, die immer mehr zu Flächenbränden ausufern und die scheinbar nicht mehr zu löschen sind, Naturkatastrophen, Armut und Hunger sind an der Tagesordnung. Die Bilder von Menschen in einfachen Booten oder aus Flüchtlingslagern schnüren einem das Herz zu und machen hilflos und ratlos. Wie ist all das Elend noch in den Griff zu bekommen?
Den Kopf freibekommen
Und bei uns ist scheinbar das schlimmste Übel das Coronavirus, seit einem Jahr den ganzen Tag in Radio und Fernsehen rauf und runter. Ich will mich informieren, aber mich nicht runterziehen lassen, und so zieht es mich oft raus in die Natur, frische Luft und Stille tanken und den Kopf freibekommen.
Damit ist sicher kein Problem gelöst, aber ein Auftanken, ein kurzzeitiges „Runterkommen“ ist es allemal wert.
Was will ich hören?
Wann stelle ich mich gehörlos?
Was von dem, was ich höre, ist wirklich Wahrheit?
Wahrheit erkenne ich durch Wahr-Nehmung, indem ich genau hin-schaue, be-staune, er-ahne, ein-sehe und zu-höre. Möglicherweise bekomme ich eine Ahnung davon, was Wahrheit ist oder was nur Vorurteile, Halbwahrheiten oder Plattitüden sind.
Hören wir genau hin und lassen wir uns von dem berühren, was wir hören und verstehen. Nur so kann uns Wahrheit treffen, betreffen und betroffen machen und uns handeln lassen.
Gaby Bessen, In: Pfarrbriefservice.de
Datei-Info:
Dateiformat: .doc
Dateigröße: 0,03 MB
Sie dürfen diesen Text für alle nichtkommerziellen Zwecke der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Pfarr-/Gemeindebrief, Plakat, Flyer, Website) sowie für Unterrichtszwecke* nutzen. Die Nutzung ist in dem beschriebenen Rahmen honorarfrei. Sie verpflichten sich den Namen des Autors/-in, als Quelle Pfarrbriefservice.de und ggf. weitere Angaben zu nennen.
*) Ausführliche Infos zu unseren Nutzungsbedingungen finden Sie hier.
Wir freuen uns über die Zusendung eines Belegs an die Redaktionsanschrift.
Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen
Text: Gaby BessenIn: Pfarrbriefservice.de