Was man vom Fußball für Glaube und Gemeinde lernen kann
… Welch eine Faszination geht vom Fußball aus: Das Spiel, das runde Leder, die Atmosphäre, das Fairplay und das Foul, es zieht Spieler, Trainer und Zuschauer in seinen Bann. Zum Fußball gehört irgendwie, dass es einem in den Beinen zuckt, wenn man einen Ball sieht. Als Spieler muss man hungrig nach dem Ball sein, als Trainer sich immer neue Strategien, Taktiken ausdenken, um den Ball dahin zu befördern, wo er hin soll, nämlich ins gegnerische Tor. Ein Spieler, der nicht (mehr) hungrig nach dem Ball ist, braucht, das weiß jeder erfahrene Trainer, mindestens eine Pause, und er sitzt auf der Bank.
So, wie der Fußball von der Faszination lebt, die das runde Leder ausübt, so leben wir Christinnen und Christen von der Faszination, die von Jesus ausgeht. Denn in ihm stellen und lösen sich die Fragen, die wir so gern verdrängen, weil sie uns vielleicht anstrengen, weil sie uns nicht passen und uns quer kommen, nämlich die grundsätzlichen Fragen: „Wozu bin ich eigentlich auf der Welt und wohin geht die Reise?“ So, wie die Faszination des Fußballs glücklich und aufgeregt machen kann, so macht es auch der Glaube.
Jedoch: Fußball kann man nicht alleine spielen, Faszination hin oder her, Fußball geht nur mit mehreren. Es ist ein Gemeinschaftsspiel, ein Mannschaftsspiel, und die Menge der Zuschauer beeinflusst auch die Leistungsfähigkeit der Spieler – und umgekehrt: Die Spieler beflügeln auch ihr Publikum. Eine Mannschaft ist ein kompliziertes Gebilde. Wenn alles stimmt, wenn die Mischung aus Konkurrenz und Gemeinschaft, aus Freiheit und Einordnung stimmt, dann geht ein Ruck durch die Mannschaft, und plötzlich wachsen einer Mannschaft Kräfte zu, die man ihr nie zugetraut hätte. Im Fußball kann man erleben, dass die einen die anderen mitreißen, ja man selber plötzlich durch die Begeisterung der anderen mehr kann, als man gedacht hat, über sich hinauswächst. Aber dazu muss die Mischung eben stimmen. Jeder muss seine Individualität entfalten können und doch sich selber einbinden in die Gemeinschaft der Mannschaft. Und die Mannschaft muss dem einzelnen Spieler Freiheiten einräumen, sonst passieren keine Überraschungen, und das Spiel wird monoton und langweilig. Wenn der eine mal durchhängt, dann müssen die anderen eben für ihn mit kämpfen, und das Mitkämpfen erträgt auch eine vorübergehende Schwäche der anderen.
Es ist wichtig für ein Team: Nicht alle machen alles gleich. … Nicht jeder braucht alles zu können, aber alle zusammen: Sie müssen gewinnen oder auch verlieren können. Sie müssen und können etwas bewegen, Siege, auch Niederlagen erleben und über beidem nicht zerbrechen, sondern zusammenhalten.
So geht es auch mit uns in der Gemeinde. Kein Christ lebt allein, fasziniert von Christus, nur seinem eigenen und nur sich selbst zugewandten Glauben, sondern Christus bindet uns zusammen. Beim Fußball sieht man die Verbindung durch die gemeinsamen Farben, durch die gemeinsamen Trikots und die gemeinsamen Lieder. Wir Christen und Christinnen sind verbunden durch die Taufe. Sie ist sozusagen unser Trikot, weil sie ein Geschehen ist, das mit Gottes Gabe der Freiheit von der Sünde beginnt und dann die freie Antwort unseres Lebens fordert. Auch bei uns besteht die fruchtbare Spannung zwischen dem Einzelnen und der Gemeinde. Keiner von uns glaubt ganz gleich und wir haben alle unterschiedliche Gaben.
Aber alleine sind wir genauso verloren wie ein Fußballspieler, der keinen Halt und keine Verbindung zu seinen Nebenleuten findet. Zusammen jedoch bekommen wir Flügel, können miteinander weinen und lachen – zusammen leben, in Freiheit, aber eben nicht vereinsamt. …
Peter Steinacker
Auszug aus Predigtentwurf: Glaube und Fußball und Freiheit. In: Ein starkes Stück Leben. Ideen und Entwürfe für die kirchliche Arbeit anlässlich der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. www.chrismon.de. Aus: www.pfarrbriefservice.de
Datei-Info:
Dateiformat: .doc
Dateigröße: 0,03 MB
Sie dürfen diesen Text für alle nichtkommerziellen Zwecke der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Pfarr-/Gemeindebrief, Plakat, Flyer, Website) sowie für Unterrichtszwecke* nutzen. Die Nutzung ist in dem beschriebenen Rahmen honorarfrei. Sie verpflichten sich den Namen des Autors/-in, als Quelle Pfarrbriefservice.de und ggf. weitere Angaben zu nennen.
*) Ausführliche Infos zu unseren Nutzungsbedingungen finden Sie hier.
Wir freuen uns über die Zusendung eines Belegs an die Redaktionsanschrift.
Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen
Text: Peter SteinackerIn: Pfarrbriefservice.de