Wer glaubt, darf auch Angst haben
Und hoffen, dass Gott zur Seite steht
„Ich glaube, ich mache alles falsch“, sagt der junge Mann, der vor Prüfungsangst zittert. Dabei lernt er immer sehr gut und bekommt beste Noten. Er sagt: „Wenn ich richtig an Gott glauben würde, dann würde ich doch nicht so eine Angst haben. Ich glaube zu wenig.“ Und dann erzählt er, was in seiner Familie immer wieder gesagt wird: Wer nur fest genug an Gott glaubt, der hat keine Angst, ist nicht traurig und bewältigt leicht alle Schwierigkeiten.
Schön wäre das, kann ich dazu nur sagen. Aber so einfach ist es leider nicht mit dem Leben. Und so einfach ist es auch nicht mit dem Glauben. In der Bibel lese ich etwas ganz anderes. Zum Beispiel Jesus. Er weint bittere Tränen, als sein Freund Lazarus gestorben ist. Er bekommt eine Mords-Wut auf die Tempelhändler und schmeißt sie zum Tempel heraus. In der Nacht vor seinem Tod überfällt ihn Todesangst, die er nur mit Mühe durchstehen kann. Und in seiner Sterbestunde glaubt er sich von Gott verlassen. Die Geschichte Jesu zeigt mir: Glaube und Angst, Wut oder Trauer schließen sich nicht aus.
Die Angst aushalten
Und in meinem Leben ist es nicht anders. Ob Prüfungsangst oder Trauer, solche Grenzsituationen sind für jeden Menschen schlimm, ob gläubig oder nicht. Kein Gebet und kein Glaube können sie erst einmal lindern. Aber wenn ein Mensch an Gott glaubt, so wagt er zu hoffen. Glauben heißt, auf Hilfe hoffen. Hoffen, dass am Ende des Dunkels wieder Licht kommt. Hoffen, dass Gottes Liebe auch mir gilt. Hoffen, dass ich durchhalten kann, weil Gott mir zur Seite steht. Glauben – das kann heißen: darauf vertrauen, dass alles ein gutes Ende findet, trotz der Not, die vielleicht im Moment riesig ist.
Ich bin sicher: Es ist gut, Gott gegenüber auch Wut und Verzweiflung auszudrücken. Er kann ruhig wissen, wie schwer die Situation gerade ist. Er soll wissen, wenn einer sich überfordert fühlt. Auch wenn es „nur“ durch große Prüfungsangst ist. Die geht durch Beten zwar nicht einfach weg, aber sie lässt sich mit Gebeten oft besser aushalten. Und ich glaube: Gott lässt niemanden im Stich, der ihn um Hilfe bittet.
Martina Patenge, Referentin für Glaubensvertiefung und Spiritualität, Kardinal-Volk-Haus Bingen, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Martina Patenge, Referentin für Glaubensvertiefung und Spiritualität, Kardinal-Volk-Haus BingenIn: Pfarrbriefservice.de