"Wir vermissen dich"
Mit Sympathie Menschen begegnen, die den Kirchenaustritt erwägen
Einmal im Jahr veröffentlicht die Deutsche Bischofskonferenz die „Eckdaten des kirchlichen Lebens in den Bistümern Deutschlands“. Die Rubrik „Kirchenaustritte“ ist dabei ein fester Bestandteil und erregt mal mehr, mal weniger das (öffentliche) Interesse.
Gründe, die zu einem Austritt geführt haben, listet eine Statistik natürlich nicht auf. Man kann aber davon ausgehen, dass sie vielfältig und beim Einzelnen oft in Gemengelage vorhanden sind. Enttäuschung und Resignation, manchmal sogar Zorn, dürften dabei eine Rolle spielen. Denn wenn es um den Kurs der (Gesamt-)Kirche für die Zukunft, um grundsätzliche Fragen der Liturgie, der Ökumene usw. geht, haben einfache Katholiken kaum Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen und Einfluss zu nehmen.
Das gilt aber nicht für das Gemeindeleben, wie mir bei der Lektüre des Romans „Der Himmel ist kein Ort“ von Dieter Wellershoff (Kiepenheuer und Witsch: Köln 2009) aufging. Im Mittelpunkt des Buches steht die Situation eines jungen, evangelischen Pfarrers, der mit sich und den Herausforderungen der Gegenwart kämpft. Von den Kirchenaustritten heißt es da: „Es waren unauffällig herangereifte Entscheidungen, die nicht zur Diskussion standen. Es war ein langsamer unauffälliger Verschleiß alter Gewohnheiten und Motivationen“ (S. 118).
Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob wir nicht solchem Verschleiß und Heranreifen entgegenwirken können. Manchmal wissen wir ja von anderen, die sich, im Gegensatz zu früher, schwerer tun mit dem Gottesglauben, der kirchlichen Lehre oder dem Miteinander in der Kirche und sich zunehmend dem Besuch unserer Gottesdienste und der Teilnahme am Gemeindeleben entziehen.
Warum nicht zu ihnen sagen – es sollte allerdings keine Floskel sein: „Wir vermissen dich. Möchtest du nicht wieder öfter kommen? Was können wir für Dich tun?“
Das ist kein Allheilrezept, sicher nicht. Aber solche Anteilnahme signalisiert doch sympathisch: „Du gehörst zu uns, wir brauchen dich, mit dir ist es schöner, für uns bist du unersetzlich.“ – Daraus kann sich ein Gespräch ergeben, vielleicht sogar ein Weitergehen oder Neuanfang mit der Gemeinde.
Wenn wir so „sympathisch“ handeln, sind wir – wortwörtlich – „mitleidend“. Das betrifft nicht nur eine solidarische Haltung. Manchmal leiden wir ja an denselben Fragen und Problemen, die bei einigen zum Kirchenaustritt führen (können). Wenn diese Brüder und Schwestern wissen: „Ich bin nicht allein, das, was mich quält und mein Herz in Unruhe hält, bewegt auch andere, die ich kenne“, hilft das möglicherweise, eine Durststrecke zu bewältigen.
Das scheint mir doch aussichtsreicher als zu sagen: „Schade, dass er nicht mehr kommt.“
Peter Weidemann
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Text: Peter WeidemannIn: Pfarrbriefservice.de