Dass Katholiken ihre Kirche verlassen, ist ein Phänomen, das in Zahlen die 100.000-Grenze pro Jahr seit 1990 dauerhaft überschreitet. Für das Jahr 2010 werden die Austrittszahlen im Zuge des Missbrauchsskandals wohl einen neuen Höchststand erreichen. Hinter den Zahlen stehen Menschen, die für sich diese Entscheidung getroffen haben, und Gemeinden, die mit diesen Entscheidungen zurecht kommen müssen. Was sind die Gründe für einen Austritt? Was sind die Folgen? Fordern ausgetretene Christen die Seelsorge und die Gemeinden vor Ort heraus? Gibt es die Möglichkeit, den Kirchenaustritt wieder rückgängig zu machen? Und wieso bleiben dennoch Menschen in der Kirche und engagieren sich für sie? Das Thema Kirchenaustritt und die Möglichkeit des Wiedereintritts betrifft die Gemeinden vor Ort existenziell. Die Materialien dieses Monatsthemas möchten Pfarrbriefredaktionen darin unterstützen, die Frage der Kirchenmitgliedschaft in einer Pfarrbrief-Ausgabe aufzugreifen und die Situation vor Ort zu beleuchten.
Rubrik: Schwerpunktthemen
Nicht nur eine Frage von Zahlen: Kirchenaustritt und Wiedereintritt
Das Schwerpunktthema für Februar 2011
am 02.11.2010 - 23:00Bilder
Texte
Tipps
Tipps für Pfarrbriefredaktionen
- Warum bleiben Menschen vor Ort in der Kirche und engagieren sich für sie? Bitten Sie prominente und weniger bekannte Frauen und Männer um ein kurzes Statement und veröffentlichen Sie dieses mit Bild in Ihrem Pfarrbrief. Anregungen zu dieser Mitmach-Aktion finden Sie auch im Internet unter http://www.liborius.de/specials/aktion-gegen-kirchenaustritt.html.
- Wie sind die Zahlen der Kirchenaustritte und -wiedereintritte bei Ihnen in Ihrer Pfarrei oder Pfarreiengemeinschaft? Fragen Sie Ihren Pfarrer.
- Sie können auch fragen, wie die Pfarrei Kirchenaustritte mitbekommt und wie damit umgegangen wird.
- Umgekehrt könnten Sie beschreiben, wie ein Wiedereintritt bei Ihnen vor Ort möglich ist und was da genau geschieht. Sie könnten damit Menschen helfen, die gerne wieder dazu gehören möchten, aber nicht recht wissen, wie sie das anfangen sollen.
Ihr Ansprechpartner für ein Gespräch ist der zuständige Priester oder ein anderer Seelsorger, der sich mit dem Wiedereintritt auskennt. Drucken Sie das Interview zusammen mit einem Bild des Gesprächspartners oder der Interview-Situation. Mögliche Fragen könnten sein:
- Was muss man tun, wenn man wieder in die Kirche eintreten will?
- Welcher Zeitaufwand, welche Kosten kommen da auf einen zu?
- Wie viele Menschen fragen bezüglich eines Wiedereintritts nach?
- Welche Motive veranlassen die Menschen, wieder einzutreten?
- Wird der Name öffentlich gemacht, wenn man wieder eintritt?
- Wie kann man, wenn man wieder eintreten will, den zuständigen Seelsorger für ein erstes Gespräch erreichen?
Buchtipp: Ich bleib dann mal da
„Ich bleib dann mal da“ überschrieb Bruder Paulus sein neuestes Buch, und er tat dies im bewussten Gegensatz zum Verkaufsschlager von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“. „Das Weggehen fällt viel zu leicht. Schwer ist das Bleiben“, schreibt er. Und er meint damit das Bleiben in der Kirche und das Bleiben in einer Gesellschaft, in der es sich zu leben lohnt, weil sie vom Katholischen durchdrungen ist, wie Paulus schreibt. Katholisch verwendet der Autor dabei im Sinne von weit, weltweit, umfassend und allgemein.
Seiner Ansicht nach ist es aber heute wichtiger als je zuvor, deutlich zu machen, was bewahrenswert katholisch ist und wie sehr die Gesellschaft davon profitieren könnte, wenn ihre Mitglieder danach leben würden. Diesem Anliegen dient sein neues Buch.
In einer Sprache, die auf den Punkt kommt, zuspitzt und klar und verständlich formuliert, legt Bruder Paulus dar, was für ihn katholisch ist: beispielsweise neu anfangen zu dürfen - fröhlich zuzupacken im Vertrauen auf die Gnade Gottes, die korrigieren hilft - das Wohl der anderen im Blick habend - den Feind liebend - die Transzendenz pflegend – Regeln anerkennend und die Freiheit liebend – dankbar und opferbereit sein – mutig Sünden bekennend.
In sechs Kapiteln spannt Bruder Paulus auf, was für ihn grundlegend katholisch ist und wie das Katholische förderlich in die Gesellschaft hineinwirken könnte. Spannend zu lesen sind diese gedanklichen Brücken, wenn er etwa schreibt: „Der Gesellschaft geht es wie der Eucharistie. Die Eucharistie ist nur lebendig, wenn man wirklich dankbar ist.“ (S. 101) Oder: „Der Blick auf den Kruzifixus gibt mir die Kraft, an einer Stelle dieser Welt überhaupt anzufangen, ganz nach dem Motto: Einer geht noch mit, wo keiner sich mehr zu bewegen traut. Diese Haltung braucht Deutschland.“ (S. 121) Oder: „Deutschland würde gesünder leben, wenn wir das lebensfrohe Fasten der Katholiken wieder in die Stundenpläne der Bildungseinrichtungen schrieben.“ (S. 85).
Man muss als Leser nicht mit allen Brückenschlägen einverstanden sein. Das Verdienst dieses Buches ist es, aufzuzeigen, warum es sich lohnt, in der katholischen Kirche zu bleiben und sich als gläubiger Mensch und als gläubige Gemeinschaft in der Gesellschaft zu engagieren.
Bruder Paulus Terwitte: Ich bleib dann mal da - Warum das Katholische in unserer Gesellschaft nicht fehlen darf. 2011. Verlag: Vier Türme, Münsterschwarzach, gebunden, 160 Seiten. ISBN: 978-3-89680-496-9. 16,90 Euro.
Der Autor:
Bruder Paulus Terwitte, geb. 1959, ist Kapuziner und katholischer Priester in Frankfurt am Main. Er engagiert sich für die Verkündigung des Evangeliums und ist u.a. bekannt als Autor, Kolumnist sowie durch seine TV- und Radiobeiträge in SAT.1, HR4 und domradio.
Links
www.katholisch-werden.de
Für alle, die sich für einen Wiedereintritt in die katholische Kirche interessieren, aber noch nicht so weit sind, um auf einen Priester zuzugehen, gibt es eine Adresse im Internet: www.katholisch-werden.de. Es handelt sich um ein Internetportal für Menschen, die wieder oder neu in die katholische Kirche eintreten möchten. Auf den Internetseiten finden sie Sachinformationen und Hinweise, die Fragen des Kircheneintrittes erklären und Hintergründe erläutern.
Das Internetportal ermöglicht außerdem die Kontaktaufnahme zu regionalen Ansprechpartner/innen in allen deutschen katholischen Bistümern. Zusammen mit dem regionalen Ansprechpartner kann im Gespräch individuell und konkret überlegt werden, welche weiteren Schritte hilfreich sind, um den Weg in die Kirche zu begleiten.