Café International
Ein Beispiel aus Erfurt zeigt, wie sich in einer Kirchengemeinde Ausländer und Deutsche gegenseitig kennen und schätzen gelernt haben.
Christine von Kessel war nicht die einzige, die die afrikanische Familie in den Sonntagsmessen im Erfurter Dom bemerkt hatte, aber sie war die erste, die die Afrikaner ansprach. Aus dem Kontakt entwickelte sich eine lockere Bekanntschaft. Man sah einander in der Kirche und unterhielt sich ein wenig nach der Messe, während die Kinder beider Familien gemeinsam auf dem Domberg herumtollten.
„Fangen Sie mal an“
Dann hatte Frau von Kessel eine Idee: „Was halten Sie von einem Treffen für deutsche und ausländische Gemeindemitglieder?“, fragte sie den Dompfarrer. Der sagte nur: „Fangen Sie mal an“ und ließ ihr freie Hand. Daraus entstand, was sich heute das „Café International“ nennt.
„Mir schwebte so etwas wie ein Kreis vor, in dem sich Ausländer und Deutsche gegenseitig kennen lernen, damit auch die nichtdeutschen Familien in der Gemeinde heimisch werden“, erzählt Christine von Kessel. Zuvor hatte sie sich schon länger gefragt, ob sich Ausländer in der Erfurter Kirche angesprochen fühlen. „Das kann ja auch Deutschen passieren, dass man als Christ nicht mit anderen Christen in Kontakt kommt. Und wenn die deutsche Sprache nicht richtig beherrscht wird, ist die Kontaktaufnahme ja noch schwieriger“, sagt die junge Frau.
In Privatwohnungen
Die Treffen des Café International finden meist in Privatwohnungen statt. „Ab und zu gehen wir auch ins Gemeindehaus, aber am schönsten ist es doch bei einer Familie zu Hause“, ist die Erfahrung von Christine von Kessel. Dort geht es nicht so ruhig und vornehm zu, wie es in einem Café üblich ist. Schon auf der Treppe lässt die Geräuschkulisse ahnen, dass im Café International viele Kinder ihren Spaß haben.
Kinder kennen keine Berührungsängste
„Die kennen überhaupt keine Berührungsängste“, freut sich Frau von Kessel. Niemand müsse bei ihnen integriert werden, weil die Kinder zwischen Ausländern und Deutschen keine Grenze ziehen würden. Auch Sprachschwierigkeiten fallen nicht ins Gewicht: „Worte, die nicht deutsch klingen, sind für Kinder doch eher interessant als befremdlich“, sagt sie. Außerdem würden die jüngeren Cafébesucher notfalls mit Händen und Füßen reden.
Menschen aus sieben Nationen
Die Erwachsenen im Wohnzimmer bedürfen keiner Zeichensprache. Meist wird Deutsch gesprochen, das die Gäste aus dem Ausland, wenn sie es nicht bereits beherrschen, erlernen wollen. Und sollte es einmal gar nicht klappen mit der Verständigung, gibt es immer einen, der helfen kann. Kommen alle, versammeln sich Menschen aus sieben Nationen und von drei Kontinenten um den großen Esstisch: Kameruner, Libanesen, Vietnamesen, Armenier, Franzosen, Polen und Deutsche.
Es herrscht eine gemütliche Atmosphäre. Während in der Küche ein großer Topf Suppe für das gemeinsame Mittagessen brodelt, bestaunen alle die nur wenige Wochen alte Shakain auf dem Arm ihrer Mutter Yolanda. Für das Kind haben sich Paten im Café International gefunden.
Gemütliche Atmosphäre
Bevor das Essen beginnt, singen Kinder und Erwachsene gemeinsam Lieder, die zur Jahreszeit und zum Kirchenjahr passen. „Oder die einfach Spaß machen“, erklärt Christine von Kessel. Ihr Mann Silvius trägt den riesigen Suppentopf ins Zimmer. „Mit dem Kochen geht es reihum“, erzählt sie, während Silvius die Suppe austeilt. Auf dem Tisch stehen bereits Brotkörbe, Gebäck und Kuchen für nachher. „Wer will, bringt einfach etwas mit.“ Es geht unkompliziert zu im Café International.
„Muss man so miteinander umgehen?“
In diesem Kreis haben sie schon über Einwanderung und Asyl gesprochen und auch die Ausländerfeindlichkeit thematisiert. „Arbeitslose Niggerin“, rief ein junger Bursche einmal, als Christine von Kessel eine Afrikanerin nach Hause begleitete. Die Initiatorin des Cafés kann so etwas nicht verstehen. „Muss man so miteinander umgehen?“, fragt sie.
Doch kleinkriegen lässt sie sich davon ebenso wenig wie die anderen. Während des Essens wird geredet und gelacht - eine Atmosphäre zum Wohlfühlen. Einmal im Monat treffen sie sich im Café International. Sonntags sieht man sich in der Kirche. Und: Man kennt sich...
Peter Weidemann, In: Pfarrbriefservice.de
Datei-Info:
Dateiformat: .doc
Dateigröße: 0,03 MB
Sie dürfen diesen Text für alle nichtkommerziellen Zwecke der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Pfarr-/Gemeindebrief, Plakat, Flyer, Website) sowie für Unterrichtszwecke* nutzen. Die Nutzung ist in dem beschriebenen Rahmen honorarfrei. Sie verpflichten sich den Namen des Autors/-in, als Quelle Pfarrbriefservice.de und ggf. weitere Angaben zu nennen.
*) Ausführliche Infos zu unseren Nutzungsbedingungen finden Sie hier.
Wir freuen uns über die Zusendung eines Belegs an die Redaktionsanschrift.
Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen
Text: Peter WeidemannIn: Pfarrbriefservice.de