Der Versöhnungsbund wurde auf einer internationalen Konferenz im Sommer 1914 in Konstanz gegründet. Christen aus verschiedenen Ländern versuchten, den drohenden Krieg abzuwenden, weil sie Kriege grundsätzlich für unvereinbar mit dem Geist Christi hielten. Der Kriegsausbruch führte zum Abbruch der damaligen Konferenz. Die Teilnehmer jedoch gründeten anschließend den Versöhnungsbund als pazifistischen Verband in England und den USA, nach dem ersten Weltkrieg ebenfalls in Deutschland. 1919 schlossen sich Zweige aus zehn Ländern im Internationalen Versöhnungsbund zusammen. Der bestehende Militarismus – dies war das Hauptziel der Gründer – sollte überwunden und die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung durchgesetzt werden.
Im zweiten Weltkrieg wurden viele Mitglieder des deutschen Versöhnungsbundes inhaftiert, weil sie den Dienst mit der Waffe verweigerten; zwei von ihnen – der katholische Priester Max Josef Metzger und der evangelische Publizist Hermann Stöhr – wurden wegen dieser Entscheidung umgebracht.
Nach dem zweiten Weltkrieg sahen sich Versöhnungsbund-Mitglieder vor neue Aufgaben gestellt: die Versöhnungsarbeit zwischen West und Ost durch zahlreiche Besuche von Delegationen nach Osteuropa zum Zwecke der Verständigung, die Solidarität im Einsatz für Befreiung in Ländern der südlichen Erdhalbkugel z.B. durch Freiwilligendienste, der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen durch Unterstützung von Aufforstungsmaßnahmen oder die Einführung von Solarkochern in Tansania.
Die Arbeit des Verbandes trug in Deutschland zur Gründung vieler wichtiger Initiativen in der Friedensarbeit bei, darunter: Aktion Sühnezeichen, Ohne Rüstung Leben, Bund für Soziale Verteidigung, Kampagne gegen Rüstungsexport, Forum Ziviler Friedensdienst und die Plattform zivile Konfliktbearbeitung.
Zum Selbstverständnis
Nach ihrem Selbstverständnis ist der Versöhnungsbund als Internationaler Versöhnungsbund eine spirituell begründete Bewegung von Menschen, die sich aus ihrem Glauben an die Macht der Wahrheit und der Liebe um Gerechtigkeit bemühen. Sie widmen sich der aktiven Gewaltfreiheit als Mittel der persönlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Wandlung.
Sie tun dies als Gemeinschaft von Menschen, die auf der Suche sind und die wissen, dass ihr Tun Einfluss darauf hat, wie es ihnen, ihren Mitmenschen, der Schöpfung insgesamt und den Generationen nach ihnen ergeht.
Die Mittel, die sie zurzeit dazu nutzen, sind vor allem die Organisation von Bildungs- und Begegnungsmöglichkeiten (national und international) sowie die politische Information und im begrenzten Umfang auch Lobby-Arbeit bei kirchlichen und politischen Personen in Leitungsfunktionen.
Wie in anderen Bereichen der Friedensbewegung auch, geschieht ein Großteil ihrer Arbeit auf ehrenamtlicher Basis: In Basisgruppen vor Ort schließen sich Mitglieder zusammen und engagieren sich für Flüchtlinge, gegen Abschiebungen oder für eine atomwaffenfreie Welt, z.B. konkret durch Proteste, Fastenaktionen und Gebete am einzigen deutschen Atomwaffenstandort Büchel in der Eifel.
Viermal im Jahr erscheint ihr Rundbrief „Versöhnung“, jedes Jahr von Christi Himmelfahrt bis zum darauffolgenden Sonntag treffen sich mehr als 200 Mitglieder und andere Friedensinteressierte, darunter viele Kinder und Jugendliche, mit eigenen Programmteilen, um ein Thema intensiver anzugehen.
Im Herbst veranstaltet der Versöhnungsbund – z.B. mit Friedenskirchen (Mennoniten und Quäker) – eine weitere Tagung, einmal im Jahr gibt es das Angebot zum Rückzug in ein Kloster zur Besinnung und zum Austausch über spirituelle Texte.
Clemens Ronnefeldt, „Mach dich auf! Große und kleine Wege zum Frieden. Werkbrief für die Landjugend.“, S. 47 © Landesstelle der Katholischen Landjugend Bayerns, München November 2017. www.landjugendshop.de